Bewegter Jahresausklang auf der Insel


Großbritannien, Dezember 2010: Es sind vor allem die Studierenden, die in den Wochen nach Bekanntgabe der harten Sparpläne auf die Straße gehen. Sie wenden sich gegen eine erhebliche Erhöhung der Studiengebühren, lehnen aber auch die Sozialkürzungen der konservativ-liberalen Regierung ab. Manche BeobachterInnen sehen schon eine Bewegung anwachsen, wie es sie seit dem Mai 68 nicht mehr gegeben hat.

Am 5. Dezember versammeln sich etwa 500 Studierende in Leeds zum Sit-in. Wenige Tage später, am 9. Dezember, kommt es im Londoner Regierungsviertel erneut zu einer Großdemo von SchülerInnen, Studierenden und DozentInnen. Zuvor hat das Abgeordnetenhaus den Gesetzentwurf der Regierung verabschiedet. Die Regierungsmehrheit schrumpfte dabei um fast drei Viertel. 21 Abgeordnete der LiberaldemokratInnen und sechs aus der Fraktion der Tories wollten die Erhöhung der Studiengebühren nicht mittragen und stimmten mit Nein. Zehn weitere ParlamentarierInnen der Regierungskoalition blieben zuhause oder enthielten sich.

Als das Ergebnis bekannt wird, schlägt die Stimmung auf der Demonstration um. Studierende überwinden Sperrgitter auf dem Parliament Square. Einige brechen die Tür zum Finanzministerium auf und geraten mit der dort postierten Polizei aneinander. Am Supreme Court gehen Fenster zu Bruch. Auch die Limousine von Prinz Charles und seiner Frau Camilla wird attackiert. Das Paar bleibt unverletzt, der Wagen wird von Farbbeuteln getroffen, eine Seitenscheibe splittert.

Nach schweren Auseinandersetzungen treibt die Polizei hunderte DemonstrantInnen zusammen, teils unter Einsatz von Pferden und kesselt sie auf einer Themse-Brücke. Für dieses Vorgehen ist sie inzwischen genauso in die Kritik geraten wie für die vielen Kopfverletzungen auf Seiten der Protestierenden. Ein Student ist noch am Abend der Demonstration notoperiert worden. (Fotos von den Protesten hier, Video hier)

Am 19. Dezember finden in 55 Städten des Landes Aktionen gegen Steuerflucht statt. Die Protestierenden versuchen – teilweise erfolgreich – die Filialen von Vodafone, Topshop und anderen zu blockieren. Den Unternehmen werfen sie vor, das Steuerzahlen mit allen Mitteln – und mit Unterstützung der Politik – vermeiden zu wollen. Das sei gerade angesichts der massiven Sozialkürzungen nicht hinnehmbar. Aufgerufen hat die Gruppe UK Uncut, die sich als Graswurzelorganisation versteht. So sind zahlreiche der Protestaktionen nicht von der Gruppe selbst, sondern spontan über Facebook und Twitter organisiert worden.

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2 Antworten zu Bewegter Jahresausklang auf der Insel

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